Zum sozialen Rechtsstaat
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War die erste Regierungsphase, die Adenauer-Ära, vom Auf- und Ausbau der sozialen Marktwirtschaft geprägt, so hatte die sozialliberale Koalition als Zielsetzung den „Ausbau des sozialen Rechtsstaates“. Ihr ging es darum, überfällige Reformen des Rechts, z. B. des Ehe- und Strafrechts, vorzunehmen, es den technischen und sozialen Verhältnissen anzupassen und eine „Rechts- und Lebensordnung (zu schaffen), die allen Bürgern gleiche Chancen und Schutz auch vor dem wirtschaftlich Stärkeren gewährt.“ Das Konzept eines „sozialen Rechtsstaats“ wurde vor allem in den Äußerungen Willy Brandts ausgeformt. Viele dieser Äußerungen waren spontane Formulierungen, Antworten an Interviewer; andere waren wohlredigierte, programmatische Aussagen in geplanten Reden, vor allem in den Regierungserklärungen. Dieses Buch will die Erklärungen Willy Brandts und seiner maßgeblichen Regierungsmitglieder dokumentieren. Als Richtwertgeber steht seine erste Regierungserklärung am Anfang; ihr entnehmen wir auch die Reihenfolge der Themen. In den einzelnen Kapiteln werden die angekündigten Reformen weiterverfolgt; Willy Brandt wird sozusagen beim Wort genommen. Soweit in seiner Amtszeit Reformen in Angriff genommen, aber noch nicht abgeschlossen worden sind, wird auch die weitere Entwicklung – z. B. der Erlaß des betreffenden Gesetzwerkes – angeschnitten. Bei der großen Anzahl der in dieser Zeit durchgeführten Rechtsreformen kann diese Dokumentation natürlich nicht ganz vollständig sein. Behandelt werden hier vor allem solche Rechtsreformen, die in der Öffentlichkeit lebhaft diskutiert wurden, daneben aber auch solche, die aus der Sicht des Juristen eine besondere Bedeutung haben. Andererseits sind in der Regierungserklärung von 1969 nicht alle später durchgeführten Gesetzesreformen angekündigt worden. Die Dokumentation versucht hier, das durch die Regierungserklärung vorgezeichnete Bild zu ergänzen. – Selbstverständlich griff die sozialliberale Koalition in ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik stets auch auf in der Zeit der Großen Koalition geschaffene Instrumentarien (z. B. das Stabilitätsgesetz) zurück. – Auch diese werden hier behandelt.