Weißt du noch? Weißt du noch? – Ja, Helmut, der Erzähler, wußte noch, wie es gewesen ist im Flecken, seinem Dorf im Schwäbischen. Er erinnerte sich an all die Overstolz-Zigaretten und abreißende Schlittschuhe, an Sonntagvormittage mit trinkenden Männern und kochenden Frauen. Einmal im Jahr, an Allerheiligen, kam er zurück, auf den Friedhof und in die Wirtschaft. Einleitungen, Floskeln, gespielte Überraschungen brauchte es nicht. In der Sekunde war er wieder drin im Flecken: Entweder du gehörst dazu oder du gehörst nicht dazu. Helmuts Schulfreund Franz Klett hatte dazugehört, aber nicht dazugehören wollen. Alle wußten alles über Klett. Und doch war seine Geschichte nicht erzählbar, jedes Detail nur die Vorgeschichte für das Unglück, was dann gekommen war, oder eine Möglichkeit, die – hätte er sie ergriffen – alles hätte anders kommen lassen. Egon Gramer betreibt die Archäologie eines Dorfes und legt dabei das Schicksal eines tragischen Einzelgängers frei.
Egon Gramer Books


Zwischen den Schreien
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Ein hoher lauter Schrei, der nicht aufhören wollte. Daran konnte sich Georg noch ein halbes Menschenleben später erinnern. Sein Gesangbuch damals war voller Sterbebildchen gewesen. Elfuhrläuten im Dorf und die schwarzen Kleider seiner Mutter blieben für immer in seinem Kopf. Georg wollte einfach nur weg, und weshalb sollte er nicht ins Internat? Dort erwarteten ihn der Prior und der junge Lateinlehrer, die ihm vom Punischen Krieg erzählten, aber eigentlich El Alamein und den Wüstenfuchs meinten. Sie rauchten während des Unterrichts, und ihre Hände zitterten. Georg ahnte bald, daß hier niemand ins Leben hinaustreten wollte, und fragte sich, wohin es für ihn gehen würde. – In der Enge eines Internats spiegelt Egon Gramer die stille Verzweiflung und den Schmerz der bundesrepublikanischen Gründerjahre.