Die Gilde
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Und ich, ehrenwertes Mitglied der Chirurgengilde, will nicht aufhören, solange ich Mitglied der Gilde bin, wovon mich nur der Tod entbindet, im menschlichen Leib nach den Orten zu suchen, wo die Ursachen für jedes Verhalten des Menschen, ob gesund oder krank, liegen und zu finden sind. Diesen Eid haben alle sieben Vorstandsmitglieder der Amsterdamer Chirurgengilde hoch und heilig geschworen. Trotz Missgunst, Eigennutz, Dünkel und Intrigen geniessen sie ein hohes Ansehen als Berufsleute, deren kompetente Tätigkeit nur dem Wohlergehen der Menschen gilt. Als aber Dr. Bartolomäusz Kulp mit seinen zwei stumpfen Daumen, die eigentlich unbrauchbar sind für chirurgische Feinheiten, an jenem unheilvollen, eisigen Tag im Januar 1666 plötzlich die Erinnerung an seine Jugendzeit verliert, beginnt ihn ein furchtbarer Teufel zu reiten: Er will in den Kindern, die vor dem Anatomischen Theater Reifen treiben, Kreisel peitschen, an der Hand ihrer Eltern beim Nachmittagsspaziergang hüpfen und springen, in diesen jungen Menschen drin will er den Sitz des Gedächtnisses finden. Dazu ist er Chirurg und kann besessen, ungehindert und uneingeschränkt den Weg der Forschung gehen. Sieben Porträts von sieben Anatomen. Sieben Todsünden, die den Menschen zu einer erbärmlichen Kreatur schrumpfen lassen. Sieben Variationen über eine Welt, die im Namen der Wissenschaft aus den Fugen gerät. AUTOR: Kaspar Schnetzler wurde 1942 in Zürich als Stadtbürger geboren. Studium der Germanistik und der Kunstgeschichte an der Universität Zürich und der Freien Universität Berlin. Sein erster Roman 'Der Fall Bruder ? Neues aus New Hampshire' erschien 1975. Er hat verschiedene Essays, Romane und Theaterstücke veröffentlicht. Zuletzt 'Dr. Huch, Lenin, Keller & Co.' 1996. 1977 erhielt er den Preis der Schweizerischen Schillerstiftung für 'Der Fall Bruder' und 1993 den Zürcher Journalistenpreis.