"Reichskristallnacht"
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Die vorliegende Dokumentation könnte mehr als nur ein Versuch sein, die „Reichskristallnacht“ auf dem Lande aus verschiedenen Aspekten detailliert und meist exemplarisch darzustellen. Auch anhand anderer „Synagogenbrand-Prozesse“ kam der Regionalhistoriker Hans-Dieter Arntz zu der Ansicht, dass selbst nach 70 Jahren der Novemberpogrom von 1938 noch nicht vollständig aufgearbeitet ist. Es reicht nicht, die konstatierten Fakten ? als Nachweis der Zerstörung jüdischen Eigentums und vieler Synagogen sowie brachialer Gewalt gegen jüdische Mitbürger - historisch nachzuweisen. Vielmehr sollten auch die Gerichtsakten der Nachkriegszeit und entsprechende eidesstattliche Zeugenaussagen konkret untersucht und analysiert werden. Vieles wurde vergessen, übersehen oder aus heutiger Sicht fragwürdig beurteilt. Die Frage nach einer manchmal nicht mehr nachvollziehbaren Rechtsprechung in der Besatzungszeit und der jungen Bundesrepublik könnte das wirkliche Geschehen beim „Reichspogrom 1938“ differenzierter erklären. Manches war historisch und menschlich doch anders, als es nach dem 2. Weltkrieg juristisch beurteilt wurde. Was dieses Buch von ähnlichen Dokumentationen unterscheidet, sind auch die seltenen historischen Fotos und der Nachweis, dass „auf dem Lande“, wo einer den anderen persönlich kennt, vieles anders als in den Großstädten verlief. Hier gab es selten die Anonymität der „Brandstifter im Räuberzivil“, sondern hier waren es meist bekannte Fanatiker aus der Nachbarschaft. Diese persönliche und soziale Komponente erschwerte bisher die vollständige Erforschung und Bewertung sowie die objektive Auswahl von Archivunterlagen und Zeugenaussagen. Die Darstellung der „Reichskristallnacht“ in der Eifel und Voreifel beschränkt und konzentriert sich somit auf einen lokal überschaubaren Raum im Rheinland, einen spezifischen Teil der Eifel und Voreifel. Sie umfasst topografisch und inhaltlich die Ortschaften Bad Münstereifel, Zülpich und Sinzenich, Euskirchen und Flamersheim, Weilerswist und Lommersum, Mechernich und Kommern, Kall, Gemünd sowie Hellenthal/Blumenthal. Die Dokumentation beginnt also in der nahen Rheingegend und endet in westlicher Richtung in einem Eifeltal, das zur Zeit des Novemberpogroms 1938 verhältnismäßig isoliert von den Vorgängen in den Großstädten Bonn, Köln und Aachen war. Oft wird man feststellen, dass die Ausschreitungen im Mikrokosmos der Eifel brutaler als in rheinischen Großstädten waren. In Mechernich wurden mehr als 10 Häuser systematisch zerstört und eingerissen. Der Ortsgruppenleiter wurde nach dem 2. Weltkrieg freigesprochen, weil er angeblich aus „lokalpolitischen“ und „bautechnischen Gründen“ gehandelt habe. Der Hellenthaler Amtsbürgermeister inszenierte nach dem Inbrandsetzen der Blumenthaler Synagoge einen „Prangermarsch“ und gehörte nach dem 2. Weltkrieg u. a. auch zu den Angeklagten im „Schleidener Lynchprozess“, der die öffentliche Erschießung eines amerikanischen Piloten im September 1944 zu klären hatte. Der Euskirchener Regionalhistoriker Hans-Dieter Arntz fasst seine jahrzehntelangen Forschungen in der vorliegenden Dokumentation eindrucksvoll zusammen.