Hausväter, Priester, Kastraten
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Männer als Personen mit Geschlecht wurden bisher in der Geschichtswissenschaft, vor allem für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert, kaum thematisiert. Auch als Autoren spielten Männer in der Geschlechtergeschichte fast keine Rolle. Hier wird nun erstmals eine Einführung in männergeschichtliche Themen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit vorgelegt. Die Autorinnen und Autoren betrachten Geschlecht vor allem als Ergebnis kultureller Konstruktion. Leitbilder von Männlichkeit wurden zum einen diskursiv bestimmt. Besonders spannend und aufschlußreich sind Diskurse über Lebensformen, die den gängigen Idealen nicht entsprachen, etwa über Homosexuelle oder katholische, also ehelose Priester; eine erstaunliche frühneuzeitliche Konstruktion von Männlichkeit, die der Zeugungsfähigkeit nicht bedurfte, wird bei den Kastraten sichtbar. Männlichkeit wurde zum anderen durch Handlungen konstruiert. Welche Rolle spielte das gesellige Trinken? Welche Folgen hatten patriarchalische Strukturen für das Verhalten der Männer? Wie inszenierten Männer ihre Rolle? Gab es eine spezifisch männliche Körpersprache? Es zeigt sich, daß eine Orientierung am dominanten Modell männlicher, ehelicher Lebensführung – etwa dem des Hausvaters – als Leitbild der Männergeschichte den vielfältigen Lebensformen und Lebensbedingungen der Männer nicht gerecht wird. Dieser Band verdeutlicht, wie disponibel Männerrollen sind. Indirekt wird damit auch das noch heute vorherrschende bürgerliche Männlichkeitsideal als ein historisch bedingtes Leitbild auf Zeit erkennbar.