Klams Kladde
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In seinem Prosadebüt Klam zeichnete Rüdiger Görner vor zehn Jahren das Porträt eines schrulligen Einzelgängers, der versucht, dem Hin und Her des Lebens auf seine Art zu begegnen. Görner beobachtet den großen »Auf-und-ab-Geher« Klam mit viel Ironie und Melancholie dabei, wie er nicht nur seinen literarischen Ambitionen nachgeht, sondern auch, wie er sich seine Welt versprachlicht und auf diesem Wege des eigenen Erlebens Herr zu werden versucht. Deutlich wird dabei, dass Klam – als Beschreiber der Welt und seiner selbst – neben dem »wirklichen« Leben steht, was seine Perspektive auf die großen Fragen und Widerfahrnisse dieses Lebens umso erfrischender werden lässt. Zehn Jahre später kommt es nun zu einer Wiederbegegnung zwischen dem Autor und seiner Erzählfigur: Klam ist nicht nur ganz der Alte geblieben, er ist sogar in einen produktiven Austausch mit seinem Autor getreten. Noch immer ist er auf unverkennbare Weise darum bemüht, der eigenen Wahrnehmung zu folgen. Doch legt er diesmal selbst Hand an, da er »nicht mit allem einverstanden gewesen sei«, was Görner über ihn geschrieben hatte, »Schließlich sei sein schwankender Charakter eine Naturbegabung.« Um dies zu korrigieren, schreibt Klam nun ›zurück‹, er erwidert die Beschreibungen seines Autors, indem er umgekehrt in einem Notizbuch aufzeichnet, was er über diesen zu berichten weiß. Da es sich dabei um verstreute Skizzen, Notate, kleinste, kondensierte Erzählungen handelt, in denen keine Namen genannt werden, wird nicht immer klar, wo die Grenzen zwischen Klam und Görner verlaufen. Der Verdacht liegt nahe, dass Klam bemüht war, das von ihm gezeichnete Bild zu korrigieren und bei so mancher Selbstbeschreibung seinen Autor mitmeint. Die Texte aus Klams Kladde zeichnen mit großer stilistischer Eleganz ein Mosaik unserer (auch pandemischen) Zeiten und nutzen Klams verschobenen Blick für brillante Beobachtungen: Da ihm alles Alltägliche und Sprachliche zur Hieroglyphe wird, die erst gedeutet werden muss, wird das Hin- und Herdenken Klams zu einem facettierten Spiegel unserer Gegenwart, der – erneut zwischen Ironie und Melancholie – ein umso klareres Bild von dieser zeichnet.