Einsam wie Franz Kafka
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Dieses Buch handelt von Erfahrungen: von Franz Kafkas Erfahrungen und der Sprache dieser Erfahrungen, aber auch von der Erfahrung einer niemals erlahmenden Lektüre seiner Texte. Es ist das Ergebnis einer vieljährigen Beschäftigung mit den Werken dieses Schriftstellers und mit seiner Lebensgeschichte – der bestechende Ausdruck einer unbestechlichen Aufmerksamkeit. In sieben Kapiteln beschreibt Marthe Robert die spannungsvollen Wechselbeziehungen zwischen der Welt, in der Kafka lebte und arbeitete, und den Sätzen, die er in dieser Welt erfunden hat, um sich ihrer zu erwehren; in einem verzweifelten, einsamen Kampf um das letzte (und lösende) Wort in der Auseinandersetzung der Imagination mit der Wirklichkeit. Prag, die verdeckten und offenen Rivalitäten zwischen Tschechen und Deutschen, die vielfältigen (teilweise widersprüchlichen) kulturellen und geschichtlichen Traditionen der Metropole, das brisante Nebeneinander von nationalistischen und kosmopolitischen Tendenzen, von stumpfer Kleinbürgerlichkeit und wankelmütiger Bohème, die gebrochene jüdische Identität einerseits und ein militanter Antisemitismus andererseits, die politischen und gesellschaftlichen Krisen im ersten Viertel unseres Jahrhunderts – dies war der Erfahrungsrahmen, an dem Kafka sich wundscheuerte und in dem seine Autorschaft gründete. Er ist, freilich verschlüsselt, in seinen Figuren, ihren Tagträumen und Ängsten zugegen; er erscheint in seinen Briefen, seinen Tagebüchern; er liegt in seinen Erzählungen und Romanen zugrunde, diesen fortwährenden irritierenden Belegen literarischer Verwandlung des scheinbar Selbstverständlichen in Unvertrautes, Befremdliches. Den Entstehungsbedingungen und den Triebkräften dieser in der deutschen Prosa des 20. Jahrhunderts beispiellosen Beobachtungs- und Kunstarbeit hat Marthe Robert nachgespürt, in den Büchern des Schriftstellers und in seinen Lebensumständen.