Ann Cotten hat an der Leibniz Universität Hannover die Poetikdozentur des Jahres 2023/24 gehalten. Sie widmet sich hierbei den Themen Lesbarkeiten, Fremdheiten, „falsche“ Sprache und mehrsprachige Poetizitäten. Ausgewählt wurde sie, weil ihr bisheriges Werk vor allem im Zeichen der Spurensuche und der Schöpfung von Sprache steht. Im Bewusstsein des Zusammenhangs von Motorik und persönlicher Sprachentwicklung und im Wissen, dass das eigentliche Erbringen der Kulturleistung Sprache durch das Hinhören geschieht, schöpft und rekombiniert sie Textelemente zu unerhörten, aber nach Möglichkeit funktionalen narrativen und diskursiven Formen. Mit poetischer Sprache als Methode der Würdigung alter wie neuer, menschlich intentionaler ebenso wie rein indexikalischer Formensprachen bleibt sie Phänomenen der Interaktion von lebenden wie anorganischen Akteuren und Faktoren auf der Spur. Und damit unvermeidlich auch den Auswirkungen von Macht und Bedeutungsgebung, von Unterdrückung und Vergessen, doch auch von Schönheit, Erfindungsgeist und Nähe. Mit der ersten Poetikdozentin Lena Gorelik wurde im Rahmen der postulierten Neuen Deutschen Literatur Zugehörigkeit und Fremdsein und dem Ankommen im Erzählen nachgegangen. Mit Ann Cotten widmet sich die Reihe mit globaler Perspektive der Vielsprachigkeit und ihrer Physis sowie unserer Weltwahrnehmung.
Ann Cotten Book order






- 2025
- 2023
»[…] Ich sitze am Ufer. Als wäre es der richtige Ort, um denken zu lernen.Als wäre es genug, sich im Strom mitzubewegen. Entscheidungsfähigkeit? Bleiben? Weggehen? Nachgeben? Den Sanddünen, die verblassen und flach werden? Oder ein schneller Stoß in die Höhe? Wenn ich nicht gehen kann, könnte ich noch, vielleicht, wie Leute mit Parkinson, tanzen?Die rastlose Tätigkeit meines Gehirns erscheint fruchtlos. Das kann unmöglich Denken sein. Ich lege es auf Papier hin, um ihm außerhalb meiner selbst zu begegnen. Ein Hindernis. Eine Wand mit einer Körnung, mit Poren, wo ich ein Muster erkennen könnte. Dann rufen mich die Beine in den Körper zurück, sie sind eingeschlafen. […]«Rosemarie WaldropMit Beiträgen von: Luise Meier, Richard Heinrich, Theresia Prammer, Charles Sanders Peirce, Azuma Hiroki, Yuk Hui, Vincent Sauer, Saski Ken'ichi, Jakob Kraner, Monika Rinck, Mara Genschel, Florian Neuner, Alexander Heinrich, Masato Ishida, Sonja vom Brocke, Nora Zapf, Gerd Sulzenbacher, Sandro Huber, Ann Cotten und Matthias Schmidt
- 2023
Sind es Ahnen, die die Luft schwer machen, sich um die Insel drängen? In Gestalt von Menschen, Wolken, Winden, Fischen, Vögeln der Berge, Vögeln der Küste, Zugvögeln und Hochseevögeln, die zum Flirten, Eierlegen und Rasten nach Hawaii kommen und sich wieder zurückziehen aufs offene Meer? Die Anleitungen der Vorfahren beschäftigt sich mit der eigenen geistigen und materiellen Vorgeschichte: also Kolonisationsverbrechen. In Hawaii und zuhause – also wo? In den Büchern? Dier Erzählerni, zu Gast auf der Insel, bekommt von allen Seiten Geschenke: Einblick in die polynesische Sprache, Handschuhe, um Müll zu sammeln, einen Lopper , um Dornengestrüpp zu lichten. Im Kopf die alten Helden: Grazer Schule, Kyoto-Schule, Wiener Kreis. Und die Frage: Wie gehen Zuneigung und Verstehen, wenn man nicht dazugehört? Zurück in Europa, blickt sier mit neuen Augen auf die Welt vor der Haustür.
- 2022
Picturing Austrian Cinema. 99 Films / 100 Comments
- 212 pages
- 8 hours of reading
The book features 99 individual images from 99 Austrian filmmakers since 1945, presenting a unique interplay of history and storytelling. Each image is accompanied by descriptions from 100 international writers and critics, offering insights from various fields such as film theory and science. This Lese- und Bildbuch invites readers to explore the concept of capturing cinematic time, blending visual art with literary interpretation.
- 2022
Picturing Austrian Cinema. 99 Filme / 100 Kommentare
- 212 pages
- 8 hours of reading
Das Buch bietet eine faszinierende Sammlung von 99 Einzelbildern aus österreichischen Filmen seit 1945, die durch die Perspektiven von 100 internationalen Schriftstellern und Publizisten kommentiert werden. Es spielt mit der Idee, die filmische Zeit anzuhalten und beleuchtet die Geschichten und die Bedeutung hinter den Bildern. Die Vielfalt der Stimmen aus den Bereichen Kritik, Filmtheorie und Wissenschaft schafft einen einzigartigen Dialog zwischen Bild und Text und eröffnet neue Einsichten in die österreichische Filmgeschichte.
- 2020
Deutschland-Analysen
Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Heft 2/2020
- 2019
Lyophilia
- 460 pages
- 17 hours of reading
Ann Cotten ist erwachsen geworden und zeigt ein Interesse am konstruktiven Funktionieren eines vernünftigen Lebens für alle. Ihre respektvolle Art, mit Problemen umzugehen, spiegelt die Erfahrungen wider, die sie als junge Lyrikerin gesammelt hat. In der Erzählung wird der ewigjugendliche Protagonist zusammen mit seiner Geliebten, einer slowenischen Politikerin mit zwei Kindern, in ein Paralleluniversum transportiert, in dem jede Überlegung Realität wird. Währenddessen klammern sich die alternden Bewohner des bankrott erklärten Siedlungsasteroiden Amore (KAFUN) an Klischees und Running Gags, um der Trauer zu entkommen, die eine größere Gefahr darstellt als Internetlosigkeit oder kosmische Strahlung. Eine antigoneische Mission hilft den Helden, nicht im eigenen Überleben zu versinken. Die Erzählungen sind wie ein Schuss ins Knie und zeigen, was Cotten als „Science Fiction auf Hegelbasis“ angekündigt hat. Lyophilia erinnert an Tarkowskijs Special Effects: eine Formulierung, die vor eine Wirklichkeit gehalten wird, wodurch präzise Emotionen hervortreten, die sonst nur dumpf ahnend vorhanden sind. Wo der mögliche Realismus endet, fließt heiße, pochende Emotion heraus.
- 2018
Was geht
Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesungen
Dass Schreiben wie Gehen ist, ist ein von notorisch Unermüdlichen überlaufener geistiger Trampelpfad. Ausgehend von der lapidaren Frage »Was geht?« adressiert Ann Cotten drei Randbereiche zeitgenössischer Poetik, die einander in der Suche nach kitschfreien Beweggründen ästhetischer Produktion begegnen. Das Motiv des Gehens wird zuerst als Motiv ernst genommen: Ann Cottens erste Vorlesung »Fortbewegungsarten wie übertriebene Theorien« betrachtet die Metapher kritisch, von den Funny Walks bei Monty Python über die Lyrik bis zu den Prärien der Prosa. Die zweite Vorlesung greift die kolloquiale Zweitbedeutung des Titels auf und refl ektiert – angesichts der fortschreitenden Digitalisierung unserer Lebenswelt – die Möglichkeiten der Literatur und die Grenzen der Grammatik. Sie leuchtet dorthin, wo man grammatikalisch korrekt gar nicht hinkommt. In der dritten Vorlesung »Tintenkilometer. Motorik und Denken« nimmt Ann Cotten ihr Studium der japanischen Schrift als plakatives Beispiel, um das Schreiben als Üben zu erwägen, im Hegel’schen Sinn von Kunst als Übung fürs Leben, und verfolgt doch wieder die idiotischen Korrespondenzen von Gehen und Schreiben.
- 2017
Nach dem Versepos 'Verbannt!' (2016) und dem Japanbuch 'Jikiketsugaki Tsurezuregusa' (2017) legt Ann Cotten, die 'klügste und schwierigste Dichterin in deutscher Sprache' (Paul Jandl), ein weiteres Zeugnis ihrer herausfordernden Wirklichkeitserkundungen vor. 'Fast dumm' ist ein vielschichtiges Reise- und Reflexionsbuch, ein lose lose organisierter Verbund aus Essays, Gedichten und Fotografien sowie Übertragungen von Lieblingsautoren Cottens wie Wladimir Majakowskij, H.W. Auden, Langston Hughes, Sergej Jessenin, Katia Sophia Ditzler, Jordan Lee Schnee und eines Songs der Hip-Hop-Gruppe Grandmaster Flash & the Furious Five.


