Flucht ist ein feiges Wort
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Mit „Flieg, Maikäfer, flieg“ stand Werburg Doerr in den Bestsellerlisten. Darin beschrieb sie ihre Kindheit als Tochter einer Adelsfamilie im früheren Osten Deutschlands, in der Neumark, heute Polen. Ihr neues Buch erzählt die Geschichte vom Ende dieser Kindheit, von Flucht und leidvollen Erfahrungen. Ein Buch, das in eine politisch brisante Zeit fällt, in der wieder Hunderttausende auf der Flucht sind – mitten in Europa. Werburg Doerr schreibt literarisch dicht und eindringlich in einer ernüchtert klaren Sprache über ihr eigenes Schicksal der Flucht und das Gefühl, alles zu verlieren. Ihr geht es dabei um die Stärke, trotz des Verlustes verzeihen und menschenzugewandt bleiben zu können. Ihr eigenes Leben lehrte sie die Überzeugung, nie einen Menschen, der auf der Flucht ist, abzuweisen. Das Buch ist eine starke Friedensbotschaft. Es ist ein Buch der Versöhnung und der Demut. Und ein Buch, das hinterfragt und relativiert, was wirklich wichtig ist, wenn man alles verliert. Was bleibt? Vom Status, Geld, Macht, großen Plänen, wenn alles auf ein paar Habseligkeiten reduziert auf einen Pferdewagen geworfen wird und das bloße Überleben ein Zufall ist? Werburg Doerr erzählt einmal mehr ein Schicksal der Flucht nach dem Zweiten Weltkrieg – aber in einer Eindringlichkeit und Ehrlichkeit, die sprachlos macht. Sie zeigt, dass sie eine große, unsentimentale Erzählerin ist. Wer die politische Kultur Deutschlands seit 1945 und unsere Befindlichkeiten angesichts neuer globaler Kriege und Vertreibungen verstehen will, muss dieses Buch lesen.