Die Farbenfibel
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Wilhelm Ostwald, einer der vielseitigsten und produktivsten deutschen Naturwissenschaftler des 19. und 20. Jahrhunderts, verfasste 1916 seine »Farbenfibel« und hat sich damit in der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte einen bleibenden Platz erobert. Seine Theorien beeinflussten De Stijl und das Bauhaus, an dem er auf Betreiben von Walter Gropius zeitweise auch lehrte. Schon zu Lebzeiten Ostwalds erlebte die Farbenfibel 15 Auflagen und entwickelte sich schnell zu einem Bestseller. Das Wort „Harmonie“ stellt Ostwalds Ziel seiner Beschäftigung mit der Farbe dar. Erfahrungen haben ihm (und anderen) gezeigt, dass einige Kombinationen von Farben als angenehm (oder harmonisch) und andere als unangenehm empfunden werden. Die Frage lautet, wovon dies abhängt und ob dies als Gesetz gefasst werden kann. Ostwald geht bei seiner Analyse der Farbharmonie von der Grundüberzeugung aus, dass sie durch Farbordnung zustande kommt. Vorgeschlagen wird ein Doppelkegel mit einer weißen und einer schwarzen Spitze, zwischen denen eine stufenförmige Grauskala vermittelt, die nach einem psychophysischen Grundgesetz modelliert wird. Der Doppelkegel erwächst aus einem Farbenkreis, der in 24 Segmente (den Vollfarben) eingeteilt ist, die ihrerseits aus den vier Urfarben Gelb, Rot, Blau und Seegrün entspringen.