Caliban oder Politik und Leidenschaft
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Eine hellsichtige Analyse des Antisemitismus von ungebrochener Aktualität1927, im gleichen Jahr wie sein bekanntester Roman, „Der Streit um den Sergeanten Grischa“, erschien auch dieser Essay von Arnold Zweig. Der Autor hatte zuvor in mehreren Aufsätzen auf die zunehmende Bedrohung von Juden in Deutschland und Osteuropa hingewiesen. In seiner Vorrede betont er, kein politisches Buch, kein Kampfbuch gegen, sondern ein Sach- und Kampfbuch über den Antisemitismus geschrieben zu haben. Doch gelangt er bald zu einer hochgradigen polemi-schen Schärfe, vor allem an jenen Stellen, in denen er das politische Verhalten der deutschen Bourgeoisie und die Reaktion des enttäuschten Nationalismus auf den Ausgang des Ersten Weltkrieges charakterisiert. Zweig geht es vor allem darum, das Einzigartige an jüdischen kulturellen Werten hervorzuheben und die Vorurteile gegen Juden als historisch bedingt darzustellen, zum anderen will er den Antisemitismus als Abart eines universellen menschlichen Hangs zu Abgrenzung und Selbstüberschätzung verstanden wissen. Ihn interessieren die psychologischen Dimensionen des Antisemitismus in Deutschland: seine Auswirkungen auf das Gesellschaftsleben der Juden oder auf die Sozialisation von Jugendlichen. Darüber hinaus beschäftigt ihn der moderne Antisemitismus unter dem Gesichtspunkt nationaler Identitätsgefühle in Europa.